Automatisierung im Fokus

Moderner Coboterarm mit Präzisionsgreifer in einer industriellen Fertigungsumgebung. Der kollaborative Roboter optimiert Produktionsprozesse durch Automatisierung und Effizienzsteigerung.

Die fortschreitende Digitalisierung und der Trend zu Industrie 4.0 machen Roboterlösungen zu einem immer wichtigeren Baustein in der modernen Fertigungs- und Prozessindustrie des Mittelstands. Neben Cobots (kollaborative Roboter), Leichtbaurobotik, modularer Robotik und Low-Cost-Robotik existieren verschiedene Roboterarten, die je nach Anwendungsfall und Branche zum Einsatz kommen: Linearsysteme, SCARA-Roboter, Industrieroboterarme (z. B. 6-Achs-Knickarmroboter) und Delta-Roboter.

In diesem Beitrag erhalten Sie einen Überblick über die unterschiedlichen Technologien, ihre Vor- und Nachteile, typische Hersteller und den zu erwartenden Return on Investment (ROI).

Inhaltsverzeichnis

SCARA-Roboter (Selective Compliance Assembly Robot Arm)

Aufbau und Funktionsweise: 

  • SCARA-Roboter verfügen über 2 parallele Rotationsachsen in einer horizontalen Ebene sowie eine vertikale Achse (Z-Achse) und eine zusätzliche Rotationsachse am Endeffektor.
  • Sie sind besonders nachgiebig in der horizontalen Ebene („Selective Compliance“), wodurch sie Stöße in bestimmten Richtungen abfedern können.

Vorteile: 

  • Hohe Geschwindigkeit: SCARAs sind extrem schnell in Pick-and-Place- und Montageaufgaben.
  • Präzise Wiederholgenauigkeit: Ideal für schnelle und wiederkehrende Montageprozesse.
  • Kompakte Bauweise: Wenig Platzbedarf in der Fabrikhalle.

Nachteile: 

  • Beschränkter Arbeitsraum: Hauptsächlich in einer Ebene. Vertikale Bewegungen sind möglich, aber eher begrenzt.
  • Einsatz vorwiegend für leichte bis mittlere Traglasten: Schwerlastanwendungen sind selten.

Typische Einsatzbereiche: 

  • Elektronikfertigung: Bestückung von Leiterplatten, Montage kleiner Komponenten
  • Kunststoff- und Konsumgüterindustrie: Schnelles Sortieren und Verpacken
  • Präzisionsmontage: Schraubaufgaben, Klebeprozesse

Typischer RoI: 

1–2 Jahre für hochvolumige und schnelle Fertigungslinien, da sie durch ihre Geschwindigkeit besonders bei Taktzeit-sensitiven Anwendungen schnell Gewinn bringen.

Hersteller: z.B. Epson, Omron

Roboterarme (Knickarm- und Mehrachsroboter)

Aufbau und Funktionsweise: 

  • Klassische 6-Achs-Knickarmroboter verfügen über mehrere Gelenke, die einen großen Arbeitsraum abdecken und hohe Flexibilität bei den Bewegungsrichtungen bieten.
  • In der Industrie sind häufig 6- oder 7-Achs-Roboterarme zu finden; bei Forschung und Spezialanwendungen manchmal mehr.

 

Vorteile: 

  • Hohe Flexibilität und Freiheitsgrade: Erledigen viele unterschiedliche Aufgaben (Schweißen, Lackieren, Montage, etc.).
  • Breiter Traglastbereich: Von wenigen Kilogramm bis zu mehreren Hundert Kilogramm.
  • Weit verbreitet und bewährt: Große Community, viele Dienstleister und Schulungen verfügbar.

 

Nachteile: 

  • Größerer Platzbedarf: Sicherheitseinrichtungen und oft auch Einhausungen notwendig.
  • Komplexere Programmierung: Die Vielzahl an Achsen und möglichen Bewegungsbahnen erfordert mehr Know-how.
  • Höhere Anschaffungskosten: Größere Roboterarme können sehr teuer sein, insbesondere für Schwerlast.

 

Typische Einsatzbereiche: 

  • Automobilindustrie: Schweißen, Lackieren, Handhaben von Karosserie- und Motorenteilen
  • Allgemeine Montageprozesse: Von Elektronik bis hin zu Maschinenbaukomponenten
  • Logistik und Verpackung: Palettierung, Kommissionierung

 

Typischer RoI: 

2–5 Jahre, abhängig von Branche, Komplexität und Auslastung. In hochautomatisierten Branchen wie der Automobilindustrie kann sich ein Roboterarm durch große Stückzahlen schneller amortisieren.

Hersteller: z.B. Kuka, ABB

Delta-Roboter (Parallelroboter)

Aufbau und Funktionsweise: 

  • Ein Delta-Roboter besteht aus drei (oder vier) Armen, die von oben in einer dreieckigen oder quadratischen Struktur angebracht sind.
  • Alle Arme sind an der Basis aufgehängt und bewegen eine gemeinsame Endeffektor-Plattform hochdynamisch in X-, Y- und Z-Richtung.

 

Vorteile: 

  • Sehr hohe Geschwindigkeit: Ideal für Hochgeschwindigkeits-Pick-and-Place-Aufgaben.
  • Hohe Präzision: Aufgrund der leichten und parallel angeordneten Arme werden Vibrationen minimal.
  • Geringes Eigengewicht und kompakte Bauform: Platzsparende Installation über dem Arbeitsbereich.

 

Nachteile: 

  • Begrenzte Traglast
  • Eingeschränkter Arbeitsraum: Primär unterhalb der kinematischen Struktur (Top-Mount).
  • Komplexe Mechanik: Wartung und Reparaturen können aufwendiger sein.

 

Typische Einsatzbereiche: 

  • Lebensmittelindustrie: Sortieren, Verpacken und Portionieren von Snacks, Süßwaren und anderen leichten Produkten
  • Pharmaindustrie: Hochpräzise Kommissionierung kleiner Teile
  • Elektronikfertigung: Schnelles Bestücken von Kleinteilen

 

Typischer RoI: 

1–2 Jahre bei sehr hohen Stückzahlen, insbesondere in Verpackungs- und Lebensmittelanwendungen, wo schnelle Taktzeiten essenziell sind.

 

Hersteller: z.B. Igus

Ergänzung: Cobots, Leichtbau, modulare & Low-Cost-Robotik

Neben diesen klassischen Roboterbauformen (Linear, SCARA, Knickarm, Delta) gibt es weitere Trends und Sonderformen:

Cobots (kollaborative Roboter): 

Basieren in der Regel auf den kinematischen Konzepten von Knickarmrobotern oder Leichtbaurobotern, jedoch mit zusätzlichen Sicherheitsfunktionen in Hard- und Software. 

Hersteller z.B. Agile, Universal Robots, IGUS

Leichtbauroboter: 

Kleinere Knickarmroboter mit reduziertem Eigengewicht und ggf. reduzierter Achsenzahl.

Hersteller z.B. IGUS, Fruitcore

Modulare Robotik: 

Modular aufgebaute Systeme. Einzelne Achsen können getauscht, entfernt oder ergänzt werden.

Hersteller z.B. RobCo

Low-Cost-Robotik: 

Günstige Automatisierung durch den Einsatz von einfachen und kostengünstige Komponenten, ideal im Bereich Education oder für Montageaufgaben.

Hersteller z.B. IGUS

Herausforderungen um die Automatisierung im Fokus zu halten: Fachkräfte, Akzeptanz & Standards

  • Standardisierung und Normen: Ob modular, kollaborativ, Low-Cost oder klassisch (Linear, SCARA, Delta) – die Branche braucht einheitliche Richtlinien für Sicherheit und Kompatibilität.
  • Fachkräftemangel: Die Auswahl des passenden Systems und die Programmierung erfordern Fachwissen, das in vielen Unternehmen knapp ist. Weiterbildung ist hier ein entscheidender Faktor.
  • Akzeptanz im Team: Bei Cobots z. B. ist die direkte Zusammenarbeit mit dem Menschen noch nicht überall etabliert, wodurch Ängste und Vorurteile entstehen können.

Warum werden Cobots häufig auch dort eingesetzt, wo ein klassischer Roboter ausreichen würde?

  • Marketing und Innovationsstreben: „Cobot“ klingt modern und verspricht einfache Bedienung.
  • Fehlende Fachkenntnisse: Oft fehlt eine eingehende und objektive Anforderungsanalyse.
  • Herstellerkampagnen: Durch aktive Vermarktung kollaborativer Systeme fühlen sich KMU angezogen, selbst wenn eine klassische (z. B. SCARA- oder Knickarm-) Lösung günstiger und ausreichend wäre.

Ausblick: Wie geht es weiter?

  • Künstliche Intelligenz (KI): Alle Roboterarten werden zunehmend KI-basierte Algorithmen nutzen, um autonomer und flexibler zu agieren.
  • Cloud & IoT: Echtzeitdaten, digitale Zwillinge und vorausschauende Wartung etablieren sich branchenübergreifend.
  • Nachhaltigkeit & Energieeffizienz: Leichtbau und optimierte Antriebe sind nicht nur Zukunftsthemen, sondern bereits heute wichtige Kaufkriterien.
  • Neue Hybridlösungen: Die Kombination modularer Konzepte mit Low-Cost-Elementen und kollaborativen Ansätzen erweitert das Einsatzspektrum kontinuierlich.

Fazit

Die Welt der Industrierobotik ist vielfältig: Linearsysteme, SCARA-, Knickarm- und Delta-Roboter erfüllen unterschiedliche Anforderungen an Traglast, Geschwindigkeit und Bewegungsfreiheit. Ergänzend existieren Technologien wie Cobots, Leichtbaurobotik, modulare und Low-Cost-Lösungen, die spezifische Anwendungen und Budgets abdecken.

Wichtige Entscheidungsfaktoren:

  1. Bewegungsgeometrie: Braucht es lineare, parallele oder rotatorische Bewegungen?
  2. Traglast und Taktzeit: Welche Belastung und wie hohe Geschwindigkeiten sind erforderlich?
  3. Sicherheitsanforderungen & Kollaboration: Ist eine echte Mensch-Roboter-Kollaboration notwendig?
  4. Budget & ROI: Wie hoch sind die anfänglichen Investitionskosten und wann rentiert sich das System?
  5. Skalierbarkeit & Flexibilität: Können Module oder Upgrades bei steigenden Anforderungen einfach integriert werden?

 

Wer frühzeitig auf die passende Robotiklösung setzt und in qualifiziertes Personal und deren Weiterbildung investiert, verschafft sich langfristig Wettbewerbsvorteile in einem dynamischen Markt.